Dienstag, 27. September 2016
Muss das so???
Eine Sauerteigkultur ist wie ein Haustier.
Es möchte etwas zu essen, etwas Zuwendung und gelegentlich eine Beschäftigung.
Zum Glück will er aber nicht bei Regen spazieren gehen und er kommt auch gut damit klar, wenn man ihn an einem hektischen Tag einmal vergisst. Aber wie ist das eigentlich, wenn aus einem hektischen Tag eine Woche wird? Oder zwei? Was machst Du, wenn Du in den Urlaub willst?
Solche Fragen werden mir immer wieder gestellt. Und auch wenn ich einen Teil davon schon irgendwo in meinen Berichten über George erwähnt habe, dachte ich, eine "Erste Hilfe" für solche Fragen wäre vielleicht nicht schlecht. Hier kannst Du einfach nachschauen, wenn plötzlich ein Problem auftaucht. Schließlich möchte ich Dich - und den armen Sauerteig - vor Panikreaktionen bewahren.
1. Wie bewahre ich meinen Sauerteig am besten auf?
Eine Sauerteigkultur gehört in ihrer Freizeit in den Kühlschrank. Bei niedrigen Temperaturen sind Hefen und Bakterien weniger aktiv und verbrauchen die Nahrung aus Mehl und Wasser nicht so schnell. Die Gärung findet langsamer statt.
Als Gefäß eignet sich am besten ein Glas. Ein altes Marmeladenglas erfüllt z.B. den Zweck. Es sollte allerdings nicht zu klein sein, da die Kultur im Laufe der Zeit Futter in Luftblasen verwandelt und sich die Menge des Teigs dabei ausdehnt. Unter anderem aus diesem Grund sollte der Deckel auch nie ganz zugedreht sein. Außerdem braucht die Kultur Luft um zu leben. Ich verwende ein kleines Weck-Einmachglas, bei dem ich den Glasdeckel einfach ohne Gummi und Klammern einfach auf das Glas lege.
2. Wie oft muss ich meinen Sauerteig füttern?
Ein Sauerteig sollte im Idealfall einmal pro Woche verbacken werden. Dabei bekommt die Kultur neue Nahrung und erneuert sich.
Wenn Du aber keine Zeit hast, solltest Du ihn stattdessen füttern. Junge Sauerteigkulturen sind noch empfindlich und sollten daher auch wirklich einmal die Woche umsorgt werden. Ein alter Hase wie mein George ist da deutlich weniger anspruchsvoll. Er übersteht auch problemlos 2 Wochen ohne neues Futter.
3. Wie füttere ich meinen Sauerteig richtig?
Wenn wir von Sauerteig sprechen meinen wir üblicherweise eine Sauerteigkultur auf Roggenmehlbasis. Dabei sind andere Mehlsorten durchaus auch denkbar. So gibt es zum Beispiel den berühmten Weizensauerteig "Hermann". So oder so füttert man die Kultur mit dem Mehl, das er kennt: einen Roggensauerteig also mit Roggenmehl. Ich habe dabei gute Erfahrungen mit dunklem Roggenmehl gemacht. Hast Du einen Weizensauerteig, verwendest Du Weizenmehl.
Zum Füttern reicht eine Handvoll Mehl. 50g - für die, die es gerne genau nehmen. Dazu kommt die gleiche Menge Wasser. Es sollte nicht zu kalt, aber auch nicht heiß sein. Zwischen Raumtemperatur und lauwarm würde ich sagen.
4. Wie viel des angesetzten Sauerteigs nehme ich für den nächsten Ansatz ab und wie mache ich einen Ableger für Freunde und Familie?
Üblicherweise stellt man ungefähr 50 g der Kultur beim Backen zur Seite. Du kennst mich vermutlich schon und weißt, dass ich so etwas aber nicht so genau nehme. Ich verwende immer das gleiche Glas für George und befülle es immer etwa gleich viel. Dabei können es aber auch durchaus mal 70 g werden. Grundsätzlich würde ich Dir empfehlen immer eine Menge zwischen 50 und 100g aufzuheben.
Und genau so verfährst Du auch, wenn Dich jemand um einen Ableger Deines Sauerteigs bittet. Setze beim nächsten Backen einfach ein paar Gramm Teig mehr an und stelle statt einer Portion für Dich gleich zwei Gläser zur Seite.
Willst Du gerade nicht backen, kannst Du auch einfach Deine Kultur füttern oder päppeln (s. Frage 7) und über Nacht draußen stehen lassen. Bei Raumtemperatur vermehren sich die Bakterein und Hefen schneller. So erhälst du eine größere Menge, von der Du dann einen Teil für Dich und einen Teil für den Sauerteigneuling verpacken und im Kühlschrank aufbewahren kannst.
5. Meine Sauerteigkultur hat eine weiße Oberfläche. Was bedeutet das?
Als ich das, das erste Mal bemerkte, sah ich mich in Gedanke schon George in den Ausguss kratzen. Aber HALT!
Die weiße, schmierige Schicht auf der Oberfläche ist kein Schimmel. Es ist Hefe. Und das ist weder schädlich, noch schlecht. Manche meinen sogar, dass es ein Zeichen dafür ist, dass der Sauerteig sich besonders wohl fühlt und besonders aktiv ist. Das kann ich nicht beurteilen. Ich kann Dir aber sicher sagen, dass es nicht schlimm ist und es Deinem Sauerteig gut geht. Einfach die Schicht einrühren und die Kultur wie gewohnt zum Teig ansetzen.
6. Meine Sauerteigkultur hat sich verfärbt. Was bedeutet das?
Normalerweise sollte ein Sauerteig im weitesten Sinne des Wortes "braun" sein. Die Spanne ist dabei von hellem Beige bis Mittelbraun.
Und im Gegensatz zur weißen Oberfläche sind die meisten auffälligen Farben nicht gut. Wird die Kultur grün, rot, blau oder schwarz, steht zu befürchten, dass er verschimmelt ist. Normalerweise geht mit dem Schimmelbefall allerdings auch ein unangenehmer Geruch einher.
Und zwar nicht der etwas beissende Geruch, der durch Übersauerung entsteht. Ich meine einen wirklich fiesen Geruch. In diesem Fall muss ich Dir leider raten, Dich von Deinem Sauerteig zu verabschieden. Er ist von schlechten Bakterien befallen und nicht mehr zu retten.
Ist der Fall nicht so eindeutig, nimm eine Probe der Kultur, steiche sie auf einen kleinen Teller und stelle ihn mit Folie überdeckt an einen warmen Ort. Schon hast Du Deine eigene Petrischale. Nach 2-3 Tagen kannst Du erkennen, ob sich auf der Probe Schimmelsporen gebildet haben. Sieht er unverändert bzw. nur trocken aus, würde ich den Sauerteig probehalber über 2-3 Tage päppeln. Danach sollte ein gesunder Teig auch wieder gesund aussehen und riechen. Bleibt der Geruch unangenehm oder vermehrt sich die Kultur nicht mehr, musst Du Dich dennoch leider nach einem neuen Mitbewohner umsehen.
7. Wie päppel ich meinen Sauerteig auf?
Du hast vergessen, Dich um Deine Kultur zu kümmern? Oder hast Du das Gefühl, dass er an Kraft verloren hat? Dann wird es Zeit ihn in Kur zu schicken!
Es ist ganz einfach eine Sauerteigkultur aufzupäppeln und ihr so neue Power zu verpassen. Du nimmst ein größeres Gefäß, 100g Mehl und 100g Wasser. Darin verrührst Du 50g der Kultur. Und ja, ausnahmsweise meine ich das mit den Mengenangaben mal ernst! Verrühre alles gut, sodass ein glatter Teig entsteht.
Nun darf der Brei 24 Std an einem angenehm warmen Ort ruhen. Wobei er genau genommen nicht ruht! Er frisst sich entspannt satt.
Nach 24 Std wiederholst Du die Prozedur: 100g Mehl, 100g Wasser und 50g der gestern angesetzten Masse. Die restlichen 200g von gestern haben ausgedient und können weg. Nach weiteren 24 Std sollte der Ansatz schon wieder größere Blasen werfen und mehr aufgegangen sein. Um ihn noch weiter zu stärken, kannst Du das ganze noch mehrfach wiederholen - über insgesamt 3, 4 oder auch 5 Tage. Bis dahin sollte es Deinem Sauerteig wieder glänzend gehen.
Um nicht zuviel den Teiges wegzuwerfen, hebe ich - wenn ich zum Beispiel über 3 Tage päppel - die 200g vom 2. Tag im Kühlschrank auf und verbacke sie mit den 200 g vom 3. Tag. Dies klappt natürlich nur, wenn der Teig da schon wieder bei Kräften ist. Wirft er keine Blasen und wird nicht deutlich flüssiger, ist es vergebene Liebesmüh und der Teig muss erst weiter gepäppelt werden.
8. Was mache ich mit meinem Sauerteig, wenn ich nicht da bin?
Wie ich bereits in Frage 3 zum Thema "Füttern" erwähnt habe, sollte ein Sauerteig idealerweise einmal in der Woche versorgt werden. Je jünger die Kultur ist, desto wichtiger ist das. Das kennt man ja auch von Teenagern. Die brauchen einfach echt viel Essen ;-)
Eine ältere Sauerteigkultur ist da deutlich genügsamer: die kommt mit einer Portion auch gerne mal 14 Tage aus.
Abhängig davon wie gierig Deine Kultur also ist, kannst Du Deinen Urlaub planen. Nein, das ist natürlich ein Scherz! Aber wenn Du gerne noch einen Sauerteig hättest, wenn Du nach Hause kommst, musst Du dementsprechend planen.
Bist Du nur eine Woche oder vielleicht zehn Tag unterwegs, musst Du Dir keinen Kopf machen. Fütter Deinen Teig einfach kurz vor Deiner Abreise noch einmal und stell ihn dann wie gewohnt in den Kühlschrank. Auch zwei Wochen stellen für gewöhnlich kein Problem dar. Gib ihm beim Füttern einfach ein bisschen mehr und kümmere Dich nach der Rückkehr direkt um ihn. Vielleicht gönnst Du ihm nach Deinem Urlaub auch eine kleine Kur und päpplest (s. Frage 7) ihn ein oder zwei Tage.
Bist Du länger als 2 Wochen weg oder hast einen sehr jungen Sauerteig, solltest Du Dich sicherheitshalber nach einem Teigsitter umsehen. Da der Job nicht besonders schwer ist und lediglich beinhaltet einmal in der Woche eine Handvoll Wasser und Mehl in ein Glas zu rühren, sollte es nicht so schwer sein, jemanden dafür zu finden. Und theoretisch könnte Dein Teig Dich auch in den Urlaub begleiten. Reist Du nämlich mit Wohnmobil oder bist Selbstversorger in einer Ferienwohnung, musst Du so auf Dein gutes Brot nicht verzichten. In diesem Fall würde ich jedoch vorsichtshalber eine Portion zuhause lassen. Man weiß ja nie, ob nicht doch mal ein Unglück passiert.
9. Kann ich meinen Sauerteig umerziehen?
Sauerteig kann man grundsätzlich aus allen Mehlsorten machen, in denen die Hefen und Bakterien Nahrung finden.
Meistens ist es jedoch Roggenmehl, welches zum Sauerteig verarbeitet wird. Lediglich für süße Speisen kommt "Hermann, der Weizensauerteig" - der wohl berühmteste Sauerteig - zum Einsatz.
Es ist aber nicht notwendig extra einen Hermann zu suchen, wenn Du gerne auf Weizenbasis backen möchtest. Abgesehen davon, dass Du einfach einen eigenen Sauerteig ansetzen könntest, kannst Du auch Deinen vorhandenen Sauerteig umerziehen. Dies kann dauerhaft oder nur nach Bedarf geschehen und ist wirklich einfach.
Möchtest Du Deinen Sauerteig von Roggen auf ein anderes Mehl umstellen, nimmst Du beim nächsten Ansatz einfach das andere Mehl. Ja, das klingt ziemlich banal! Schwerer ist es aber nicht. Die Mehl Menge im Ansatzgut ist so gering, dass sie kaum auffällt.
Berechnungsbeispiel:
Für 500g Weizensauerteig nimmst Du 250g Weizenmehl und 250 g Wasser. Dazu kommen dann 50g Deines Roggensauerteigansatzes.
In dem Ansatz sind 50% Roggenmehl und 50% Wasser. Auf den gesamten Teig gesehen, sind es jedoch gerade noch 4,5% Roggen.
Eine Menge, die geschmacklich bereits kaum noch auffällt.
Nimmst Du davon nun Deinen neuen Sauerteigansatz fürs nächste Mal hast Du einen Ansatz, der bereits zu 46,5% aus Weizenmehl besteht.
Setzt Du den dann nochmal mit Weizenmehl an, sind wir bei... (4,5% von 50g Ansatz sind 2,25g Roggen, auf 550g Teig...) 0,4%!
Und so weiter... Wenn also nicht gerade eine Allergie gegen Roggenmehl vorliegt, würde ich den so entstanden Sauerteig durchaus als Weizensauerteig bezeichnen!
Diese Prozedur funktioniert natürlich genau so mit einem anderen Mehl, wie zum Beispiel Dinkel.
Wenn Deine Umwandlung nur einmalig ist, würde ich den Ausgangssauerteig erst vermehren, indem Du ihn fütterst oder vor dem Backen gleich mehr Teig für den nächsten Ansatz und die Umerziehung zur Seite stellst. So kannst Du dann einen Teil des Teigs zum Umerziehen verwenden und hast Deinen üblichen Roggensauerteig weiter.
So... Das waren alle Fragen, die mir spontan eingefallen sind oder die ich mir im Laufe der Zeit auch gestellt habe!
Ich hoffe, dass Dir der Beitrag weiterhilft.
Rezepte für Sauerteigbrote findest Du hier und noch viele weitere Informationen zum Thema George oder rund ums Brotbacken.
Solltest Du noch weitere Fragen haben, freue ich mich, wenn Du sie mir in den Kommentaren hinterläßt.
Ich erweitere den Bericht jederzeit gerne.
Außerdem freue ich mich natürlich über Deine Meinung, einen erhobenen Daumen oder ein kleines Plus.
Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Brot backen.
In diesem Sinne...
Lebe lecker,
Lorraine
2 Kommentare zu diesem Post — schreibe jetzt Deinen!
T R am
Hallo,
ich habe vor 2 Wochen angefangen mich mit Sauerteig näher zu beschäftigen, da meine Brotbackversuche immer etwas ...... sagen wir Mal speziell..... ausgefallen sind. Mein Variieren der Zutaten, gerade im Bereich Hefe und Sauerteig haben kein zufriedenstellende Entwicklung gezeigt.
Nach erster Recherche war die Startkultur schnell angesetzt und wird stolz wie Bolle gepflegt.
Da die Neugier geweckt war bin ich schnell darauf gekommen, dass es allerdings Sinn macht eine bestehende Sauerteigkultur zu suchen und siehe da, hier gibt es George ;)
Ein Supernetter Kontakt und nun fiebere ich schon auf die Ankuft von ein wenig George hin.
Bis dahin arbeite ich weiter an meinem Sauerteig, das erste Brot ist gebacken und zumindest der Geruch fantastisch.
Ich empfehle jedem Hobbybrotbäcker sich eine Sauerteigkultur zu besorgen, oder zumindest selbt eine anzusetzen. Der Aufwand hält sich in Grenzen und das Ergebnis ist zumindest bis jetzt mit nichts der vorangegengenen Versuche zu vergleichen
:D
LG
Thomas
Stephan Bornemann am
Hallo,
zum Thema Urlaub oder Haltbarmachung von Sauerteig: Ich trockne meinen Sauerteig (ca. 300g Roggenmehl + 50g getrockneter Sauerteig + entsprechende Menge Wasser) jeweils nach 24 Stunden Ansatzzeit zur Vermehrung auf 3 Rosten, belegt mit Backpapier, das dünn mit Sauerteig bestrichen ist. Wenn der Sauerteig trocken ist, zerbrösele ich ihn und zerkleinere ihn mit einer nur dafür verwendeten Kaffee-Schlagmühle. Das Granulat ist dann bei Zimmertemperatur, dunkel im Schrank, in einem verschlossenen Glas, sehr lange haltbar, ohne dass man sich weiter darum kümmern muss. Zur Reaktivierung kommen 50g davon mit der gleichen Menge Wasser entweder in den Ansatz zur Vermehrung oder in den Ansatz zum Backen. Vorsicht ist bei manchen Rosten angebracht: Manche Backroste sorgen meiner Erfahrung nach für dunkle Flecken im Sauerteig, die durch das Backpapier hindurch gehen. Solchen Sauerteig habe ich dann nicht mehr verwendet, genauso das entsprechende Rost. Ich vermute, das Metall tat dem Sauerteig nicht gut, so dass sich schädliche Organismen an dieser Stelle breit machen konnten. Genau weiß ich es allerdings nicht.
Freundliche Grüße
Stephan Bornemann